Die Taufe des Kornelius 1/2

Petrus war zu einer Art von Inspektionsreise zu den neuen Gemeinden, die außerhalb von Jerusalem entstanden waren, aufgebrochen. Er machte Station in Joppe, das heute Jaffa heißt und ein Vorort von Tel Aviv und eine Künstlerkolonie ist In Cäsarea am Meer lebte ein Hauptmann Namens Kornelius, der eine Weisung bekam, Simon Petrus aus Joppe zu holen. Kornelius schickte drei Männer los, um Petrus zu holen. Beim Gebet in Joppe hatte Petrus eine Vision, die er nicht deuten konnte. Kurz darauf standen die Männer vor der Tür, um Petrus zu holen. Als Petrus in Cäsarea ankam, wollten die Anwesenden hören, was er zu sagen hat.Beitragsbeschreibung

Artur

11/4/202422 min read

Der Bericht steht im 10. Kapitel der Apostelgeschichte. „Apostelgeschichte“ das ist die Bezeichnung, die dieser Bericht erst nachträglich erhalten hat. Lukas, der Autor, hat keine Überschrift über seine Arbeit gesetzt. Er schreibt nur, dass er einen ersten Bericht geschrieben hat und dass er im ersten Bericht alles aufgeschrieben hat, was er über Jesus in Erfahrung gebracht hat. In dem nun folgenden Bericht, hat er aufgeschrieben, was nach der Auferstehung Jesu geschah. Folgt man dem Bericht und es gibt keinen Grund, ihn zu bezweifeln, dann war Lukas als Begleiter des Paulus zum Teil bei dem, was er aufgeschrieben hat, selbst dabei.

Lukas berichtet unter anderem in der Apostelgeschichte, wie ein Hauptmann der römischen Besatzung zum Glauben an Jesus Christus kommt. Der Bericht über dieses Ereignis umfasst vier Tage. Diese vier Tage waren von welthistorischer Bedeutung. Sie haben im wahrsten Sinn des Wortes den Lauf der Weltgeschichte verändert. An ihnen wurde die Tür des Evangeliums aufgetan für die Nichtjuden. Bis dahin waren die Ereignisse mit und um Jesus nur eine innerjüdische Angelegenheit. Für die Mehrheit der Juden waren die Anhänger von Jesus Anhänger einer Sekte. Und für die römische Welt schien die Sache mit dem Tod Jesu erledigt.

Das römische Reich und die vielen religiösen Strömungen darin kümmerten sich wenig um diese innerjüdischen Angelegenheiten. Die damalige Welt war eine Welt voller Religionen, die friedlich miteinander und nebeneinander existierten. Es war eine Welt des Vielgötterglaubens, und auch eine Welt wechselnder religiöser Strömungen. Es gab einerseits einen rein äußerlichen Kult und andererseits auch mystische Bewegungen. Jedenfalls, die Götter waren allgegenwärtig. Das galt für den östlichen Teil des römischen Reiches – in dem das Land Jesu lag – ganz besonders. Andererseits gab in der reichen und gebildeten Oberschicht auch Skeptiker. Nicht wenige hielten den Götterglauben für Aberglauben und waren praktische Atheisten. Sie waren davon überzeugt, dass es nur die Materie gab und sonst nichts.

Da es in der römischen Welt möglich war, an alle Götter und an keinen zu glauben, war religiöse Toleranz selbstverständlich und auch notwendig. Es ließ sich in einer von vielen Göttern bevölkerten Welt gut auskommen, indem man jedem seinen Gott oder seine Götter ließ. Die römische Welt war eine, was den Glauben anging, pluralistische Welt der Toleranz. Das galt allerdings nur dann, wenn man einen neuen Gott einführte und anbetete und dabei die alten Götter (und den Kaiser als Gott) nicht antastete. Ein Gott mehr, das war kein Problem. Aber auch nur einen einzigen Gott abschaffen zu wollen, das bedeutete mit den Anhängern dieses Gottes schwerwiegende Konflikte herauf zu beschwören.

Da gab es nun aber eben dieses eigenwillige Volk der Juden, das darauf bestand, dass es nur einen Gott gebe. Und dieser Gott – natürlich! – hatte sie, die Juden auserwählt und war Gott über alle. Zusammen mit den Reinheits- und Speisevorschriften, an die sich die Juden hielten und dem Sabbat – nur die Juden hatten diesen Ruhetag - war das eine ständige Provokation gegenüber allen Nichtjuden im Römischen Reich. Die Juden galten für die Römer als Barbaren. Sie verehrten einen unsichtbaren Gott für den man keine Bildnisse aufstellen durfte. Ohne die Verehrung eines Bildnisses war das aber in den Augen der Römer keine wirksame Verehrung eines Gottes.

Als sich die vier Tage einer entscheidenden Wende ereigneten, waren die Juden seit etwa neunzig Jahren unter römischer Herrschaft. Sie hatten einen König gehabt, Herodes den Großen, der kein Jude gewesen war, sondern ein Idumäer, den die Römer eingesetzt hatten. Dieser König war ein grausamer Herrscher und auch ein besessener Baumeister gewesen. Herodes hatte sein Leben lang am Tempel in Jerusalem bauen lassen und unter anderem ließ er auch Cäsarea als Stadt am Meer erbauen. Das ist die Stadt, in der sich unsere Geschichte ereignet.

Nach Herodes hatten seine Söhne, die Ethnarchen, über das Land geherrscht. Dann kam der von rom eingesetzte Prokonsul Pontius Pilatus. Pontius Pilatus verbindet man gedanklich mit Jerusalem. Aber dort war er nur an den großen Festtagen, wenn viele Menschen nach Jerusalem kamen. Dann war der Prokonsul dort, um etwaige Unruhen sofort im Keim nieder schlagen zu können. Sonst residierte er in Cäsarea Maritima. Cäsarea war, wie der Name schon sagt, von Herodes zu Ehren des Cäsaren, des Kaisers gebaut worden und lag am Mittelmeer. Es war eine Stadt, die nach dem Vorbild griechischer Städte gebaut war. Der griechisch-römische Geist herrschte in dieser Stadt. Das jüdische wurde in dieser Stadt am Mittelmeer eher in den Hintergrund gedrängt.

Der Mann, den die Apostelgeschichte schildert, war jemand, der zwischen den Welten lebte, sich aber in seinem Innern für eine Welt entschieden hatte, nämlich für die jüdische. Kornelius war ein Hauptmann, genauer gesagt ein Zenturio. Kornelius ist heute ein Vorname. Sein Name bedeutete damals, dass er aus dem Haus der Cornelier stammte. Das war ein bedeutende römische Familie. Lukas schreibt, dass Kornelius Hauptmann einer italienischen Kohorte war. Eine Kohorte war der zehnte Teil einer Legion. Das waren etwa vierhundert Soldaten. Seine Soldaten waren Teil der römischen Besatzung, die Judäa unter römischer Kontrolle hielt und (einigermaßen) für Ruhe sorgte.

In Cäsarea lebte aber ein Mann namens Kornelius, ein Hauptmann der Schar, die man »die Italische« nennt; der war fromm und gottesfürchtig mit seinem ganzen Haus und gab dem Volk viele Almosen und betete ohne Unterlaß zu Gott.

Lukas berichtet nichts darüber, wie der innere Weg des Kornelius war, was ihn dazu brachte, fromm und gottesfürchtig zu werden. Die Bezeichnung fromm und gottesfürchtig bekamen Nichtjuden von Seite der Juden, wenn sie sich dem jüdischen Glauben zu wandten und damit der Synagoge, die in ihrer Nähe war, die aber nicht zum jüdischen Glauben im Vollsinn konvertierten. Die volle Hinwendung zum jüdischen Glauben hätte verlangt, dass sich ein Mann wie Kornelius beschneiden ließ. Das war natürlich in seiner Position undenkbar. Kornelius wurde also kein Rechtgläubiger in den Augen der Juden. Er befand sich, um im Bild zu sprechen, zwischen zwei Stühlen. Für einen echten Römer war der Glaube der Juden geradezu barbarisch. Weil die Juden alle anderen Götter ablehnten, waren sie aus der Sicht der Heiden eigentlich Ungläubige, die in einem verkehrten Denken alle die vielen Götter im Römischen Reich missachteten und dafür an einem offensichtlich kleinen und schwachen orientalischen Gott hingen, der seine Anhänger zu seltsamen Regeln verpflichtete. Für einen Römer, war der Glaube der Juden an ihren Gott nur schwer begreif und nachvollziehbar.

Der Name Kornelius deutet auf das römische Patriziergeschlecht der Cornelier hin. Das war eines der einflussreichsten römischen Geschlechter, das sich schon um 500 vor Christus nachweisen lässt. Was brachte diesen Römer, der wahrscheinlich, wie es sein Name nahe legt, aus diesem bedeutenden Geschlecht stammte, dazu, sein Herz dem Gott der Juden zu zuneigen? Wir lesen nichts darüber und alle Vermutungen sind müßig. Es wird nur festgehalten, dass sich Kornelius dem Gott Abrahams; Isaaks und Jakobs zu gewandt hatte. Aber nicht nur er hatte das getan, mit seinem ganzen Haus, stellt Lukas fest. Das bedeutete, dass die ganze Familie sich dem Gott der Juden zugewandt hatte. Das, was in diesem Haus geschah, die Hinwendung zu Gott, ging sogar noch weiter. Die Bewegung des Glaubens ergriff auch die Haussklaven und sogar Untergebene in seiner Truppe. Das wird aus der Erzählung deutlich.

Ein Mann aber in Cäsarea mit Namen Kornelius - ein Hauptmann von der sogenannten Italischen Schar, fromm und gottesfürchtig mit seinem ganzen Haus, der dem Volk viele Almosen gab und allezeit zu Gott betete. Kornelius wird nicht nur als fromm und gottesfürchtig definiert, was wie schon gesagt wurde, seine Hinwendung zum jüdischen Glauben beschreibt, über ihn werden zwei weitere Aussagen gemacht, nämlich dass er dem Volk viele Almosen gab und allezeit zu Gott betete. Diese letzteren zwei Dinge sollten sich als entscheidend herausstellen.

Kornelius betete viel. Das war gewiss gut. Aber er ließ es nicht dabei bewenden. Er hatte ein Herz für die Armen. Beten allein hätte Gott mit Sicherheit nicht in Bewegung gesetzt. Beten und die Augen dort verschließen, wo man aufgerufen ist zu helfen, das ist kein Gebet, das irgendetwas bewirkt. Kornelius betete und sah die Not um sich herum. Diese Not war zu jener Zeit, wir befinden uns in der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts, erdrückend groß. Weite Teile der Bevölkerung waren verarmt. Auf den Menschen lagen erdrückende Lasten durch Steuern und Abgaben. Nicht umsonst waren die Zöllner, die Steuereintreiber, die bestgehasste Berufsgruppe in Judäa. Kornelius sah die Not und gab viele Almosen.

Kornelius sah in einer Erscheinung ungefähr um die neunte Stunde des Tages deutlich, wie ein Engel Gottes zu ihm hereinkam und zu ihm sagte: Kornelius! Er aber sah ihn gespannt an und wurde von Furcht erfüllt und sagte: Was ist, Herr? Er sprach aber zu ihm: Deine Gebete und deine Almosen sind hinaufgestiegen zum Gedächtnis vor Gott. Wörtlich heißt es da, dass die Gebete und Almosen des Kornelius als Gedächtnis- oder Gedenkopfer vor Gott gestiegen sind. Das Gedächtnis- oder Gedenkopfer wurde im Gesetz als jener Teil des Opfers vorgeschrieben, der im Feuer verbrannt wurde. (Siehe z.B. Lev 2, 2.) Das war der Teil des Opfers, der tatsächlich und in vollem Umfang durch Verbrennen Gott dargebracht wurde, während der andere Teil des Opfers den Priestern zukam. Dass die Gebete des Kornelius zu Gott aufgestiegen sind, das erscheint aus sich heraus logisch. Der Engel aber sagt darüber hinaus, dass Gott die Almosen, die Kornelius den Armen gab, als ein direktes Opfer an ihn selbst annahm.

Das erinnert an die Worte Jesu in seiner Gerichtsankündigung. Und der König wird ihnen antworten und sagen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan! Mt 25, 40. Gott offenbart dem Zenturio Kornelius durch einen Engel, dass Gott dies genauso sieht, wie es Jesus gelehrt hatte. Gott identifiziert sich so mit dem Armen, dass er die dem Armen gegebene Gabe so ansieht, als wäre sie ihm selbst gegeben.

Gott hat aber nicht nur die Gabe angenommen, er antwortet durch den Engel auch darauf. Schick jetzt einige Männer nach Joppe und lass einen gewissen Simon herbeiholen, der den Beinamen Petrus hat. Er ist zu Gast bei einem Gerber namens Simon, der ein Haus am Meer hat. Als der Engel, der mit ihm sprach, weggegangen war, rief Kornelius zwei seiner Haussklaven und einen frommen Soldaten aus seinem Gefolge. Er erzählte ihnen alles und schickte sie nach Joppe. Das liest sich so leicht. Zunächst muss die Erscheinung des Engels bei Kornelius einen Schrecken ausgelöst haben. Und dann wird der Engel sehr genau in seinen Anweisungen. Man denke sich in die Lage des Kornelius hinein. Er, der Hauptmann, soll von einer Engelserscheinung erzählen und Untergebene auf die Angaben eines Engels hin in einen fast sechzig Kilometer weit entfernten Ort schicken. Das ging ja vielleicht noch so irgendwie. Aber wohin soll er sie schicken? Zu einem Gerber. Was mag Kornelius durch den Kopf gegangen sein, als er das hörte?

Die Gerber hatten es mit Tierkadavern zu tun. Wo sie arbeiteten, da stank es nach Aas. Zudem wurden die Tierhäute in Urin eingeweicht. Es gab eine Vorschrift, wonach das Haus eines Gerbers wenigsten 25 Meter von der Stadtgrenze entfernt sein musste. Simon, der Gerber, bei dem Petrus wohnte, hatte sein Haus am Meer. Das war nicht wegen der idyllischen Aussicht auf den Strand. Der Grund war sein Beruf. Die stete Brise am Meer trug den Gestank seines Berufes fort. Im Talmud steht: „Wehe dem, der das Handwerk eines Gerbers ausübt“. Der Beruf des Gerbers war eine Notwendigkeit, zugleich wurde der verachtet, der ihn ausübte. Deshalb waren es meist Sklaven, die als Gerber arbeiten mussten. Ausgerechnet zu einem Mann mit diesem Beruf, dahin sollte Kornelius seine Untergebenen schicken.

Hat Kornelius gezögert? Es wird nichts davon gesagt. Da kommt ein Engel vom Himmel und verlangt von Kornelius – als Antwort auf Gebete und Wohltätigkeit - dass er einen Mann holen lässt, der bei einem Gerber wohnt. Nicht nur die Juden verachteten den Beruf eines Gerbers. Die Gerber waren in der Antike grundsätzlich gemiedene Leute. Zu tun, was der Engel von Kornelius verlangte, das war eine Herausforderung.

Kornelius, so scheint es, hat nicht gezweifelt und gezögert, sondern seine Untergebenen los geschickt. Die Gesandten bestanden aus zwei Hausklaven und einem Soldaten. Es war in diesen Zeiten nicht gut, allein unterwegs zu sein. Die Haussklaven konnte Kornelius nicht allein schicken. Traf man sie so weit vom Haus des Kornelius entfernt, so konnte es sein, dass sie entlaufen waren. Mehrere Soldaten los zu schicken, wäre auch nicht angebracht gewesen. Schließlich standen die Soldaten im Sold des Kaisers und nicht im Sold des Zenturio. Und das war nun wirklich keine militärische Angelegenheit. So erklärt sich die Zusammensetzung der Gesandtschaft.

Kornelius schickte nach Petrus. Dieser war kurz zuvor von Jerusalem nach Lydda aufgebrochen. Lydda befand sich westlich von Jerusalem in Richtung Mittelmeer. Dort wurde durch das Wort des Petrus ein seit acht Jahren kranker und gelähmter Mann gesund. Das sprach sich herum, auch bis nach Joppe. In Joppe lebte eine Frau und Jüngerin Jesu Namens Tabita. Aus der Schilderung des Lukas lässt sich heraus lesen, dass sie sehr beliebt war unter den Frauen des Ortes. In jenen Tagen aber wurde sie krank und starb. Man wusch sie und bahrte sie im Obergemach auf. Apg 9, 27. Zugleich erinnerte man sich an Petrus und schickte nach ihm. Er sollte einfach kommen. Wahrscheinlich erschien es den Gläubigen ungerecht, dass diese gute Frau so früh sterben musste. Das bedeutete jedoch nicht, dass sie von Petrus erwarteten, dass er die Tote wieder lebendig mache. Wunder lassen sich bekanntlich nicht bestellen. Aber irgendetwas erwarteten sie von Petrus. Wenigstens eine Erklärung. Dann geschah das Unglaubliche. Tabita stand durch das Gebet des Petrus wieder auf.

So also kam Petrus nach Joppe und blieb einige Zeit dort. Es wirft sich dabei eine Frage auf. Warum blieb Simon Petrus beim Gerber Simon? Lukas hält fest, dass durch die Totenauferweckung viele zum Glauben an Jesus kamen. Wenn es viele waren, dann gab es in Joppe nicht nur dieses eine gläubige Haus. Warum also wohnte Petrus ausgerechnet in diesem Haus außerhalb der Ansiedlung am Meer? Wollte Petrus bewusst ein Zeichen setzen, indem er bei dem wohnte, der wegen seines Berufes wenig galt? Das ist möglich, aber wir wissen es nicht. Es gab ein größeres Problem wie das geringe Ansehen. Ein Gerber war durch seine Tätigkeit nach dem Gesetz des Mose beständig unrein. Das wusste der fromme Jude Petrus, der sich streng an das Mosaische Gesetz hielt, natürlich. Und es hat ihn wohl beschäftigt. Das bedeutet, in seinen Gedanken war er schon bei der Frage, rein oder unrein, die von Gott aufgegriffen werden würde.

Es war am zweiten Tag unserer Geschichte. Lukas nennt ihn den „folgenden Tag“. Am folgenden Tag, als jene unterwegs waren und sich der Stadt näherten, stieg Petrus auf das Dach, um zu beten; es war um die sechste Stunde. Apg 10,9. Die Häuser in Israel haben oben Flachdächer, zu denen manchmal außen, manchmal innen, eine Stiege hinauf führt. Das Dach des eigenen Hauses war und ist ein Lebensraum für den Juden in Israel, so wie es der Balkon in unseren Breiten ist. Die sechste Stunde ist nach unserer Zählung zwölf Uhr. Es war also gegen Mittag.

Es war das Haus des Gerbers. Darum können wir auch verstehen, warum Petrus aufs Dach stieg. Das war der Ort des Hauses mit der geringsten Geruchsbelästigung. Eine frische Brise vom Meer her reinigte die Luft. Hier oben wollte Petrus als frommer Jude das vorgeschriebene Gebet verrichten. Es war also nicht so, dass sich Petrus auf besondere Weise zum Gebet getrieben fühlte, weil er den Willen des Herrn suchte. Das Gebet zur sechsten Stunde war üblich. Es war eine ganz normale Gebetszeit. Petrus tat nur das, was man als guter Jude tat.

Da wurde er hungrig und wollte essen. Während man etwas zubereitete, kam eine Verzückung über ihn.

Petrus war zum Gebet aufs Dach gestiegen. Daraus lässt sich auch etwas über die Jahreszeit schließen. Es kann nicht im Sommer gewesen sein, da wäre es zu heiß auf dem Dach gewesen. Und es war nicht in der Regenszeit. Petrus betete am Mittag und Petrus bekam Hunger. Petrus steckte den Hunger nicht weg, weil jetzt Gebetszeit war. Im Gegenteil. Das hat Lukas zwar nicht aufgeschrieben, es geht aber aus der Schilderung hervor. Petrus hat entweder nach jemandem gerufen und seinen Wunsch nach Essen mitgeteilt, oder er ist vom Dach hinunter gestiegen und hat gebeten, dass man ihm etwas zubereite und dann ist er wieder aufs Dach gestiegen. Perus stieg aufs Dach, um zu beten. Aber es wird nicht gesagt, dass er betete, als das Weitere geschah. Lukas schildert den Ablauf, wenn man genau hinsieht, so:

Petrus stieg auf das Dach, um zu beten.

Petrus bekam Hunger.

Petrus veranlasste, dass ihm etwas zu essen bereitet wird.

Petrus wartete hungrig auf das Essen.

Und jetzt geschieht es: eine Verzückung kam über ihn.

Im Griechischen steht für Verzückung ein Wort, das im Deutschen ebenfalls gebraucht wird, das Wort Ekstase. Es bedeutet: aus sich heraus treten oder außer sich sein. Das beschreibt einen Zustand, in dem der Mensch ähnlich wie im Schlaf die Außenwelt nicht mehr wahrnimmt. An seine Stelle tritt ein intensives inneres Erleben. Diese Erfahrung wird von dem, dem sie geschieht, je nach kulturellem und religiösem Hintergrund als Kontakt mit Gott oder der Geisterwelt erlebt. Ekstasen werden im Schamanismus bewusst herbei geführt, um spirituelle Erfahrungen zu machen. In der Geschichte der Christenheit gab und gibt es immer wieder Berichte über ekstatische Erfahrungen. Sie werden jedoch zum Unterschied zum Schamanismus nicht absichtlich herbei geführt. Sie geschehen spontan als eine Offenbarung von Gott.

Er sah den Himmel offen und eine Schale auf die Erde herabkommen, die aussah wie ein großes Leinentuch, das an den vier Ecken gehalten wurde. Darin lagen alle möglichen Vierfüßler, Kriechtiere der Erde und Vögel des Himmels. Und eine Stimme rief ihm zu: Steh auf, Petrus, schlachte und iss! Petrus aber antwortete: Niemals, Herr! Noch nie habe ich etwas Unheiliges und Unreines gegessen. Da richtete sich die Stimme ein zweites Mal an ihn: Was Gott für rein erklärt, nenne du nicht unrein! Das geschah dreimal, dann wurde die Schale plötzlich in den Himmel hinaufgezogen. V 11-16.

Für einen Juden und Petrus war ein Jude, galt selbstverständlich: Ihr sollt zwischen heilig und profan, zwischen unrein und rein unterscheiden. 3Mo 10,10. Wer das nicht tut und Unreines auch nur berührt, der wird unrein. Unrein zu werden bedeutet aber für einen Juden dasselbe, wie für einen Christen, wenn er sich in Sünde verstrickt. Es bedeutet, Gott nicht mehr zu gehorchen und sich von ihm und seiner Gnade zu entfernen. Darum erklärt die Thora auch die Folgen der Unreinheit so: Macht euch nicht selbst abscheulich mit all diesem Gewimmel von Kleintieren und macht euch durch sie nicht unrein, indem ihr euch durch sie verunreinigen lasst. 3Mo 11,43. ...oder jemand berührt eine unreine Sache, das Aas eines unreinen wilden Tieres oder eines unreinen Haustiers oder eines unreinen Kriechtiers und es blieb ihm verborgen, aber er merkt es dann und wird unrein und schuldig; 3Mo 5,2.

Petrus sah ein mit unreinen Tieren gefülltes Gefäß oder Tuch vom Himmel herab kommen. Und aus eben diesem Himmel erklang dazu eine Stimme, von der mit Sicherheit anzunehmen ist, dass in ihr die ganze Macht des Universums mitschwang. Alles, was da geschah, war in völligem Widerspruch zu allem, was Petrus über Gott wusste. Das Unreine war unrein, weil es nichts mit Gott zu tun haben durfte und konnte. Nun sah aber Petrus, dass die unreinen Tiere vom Himmel herab kamen. Dort oben hatten sie – bei Gott – nichts verloren. Dass die Stimme, die Petrus hörte, für Petrus Gottes Stimme selbst war, das wird aus der Antwort des Petrus deutlich: Niemals, Herr!

Niemals Herr! Diese Antwort ist im Grunde mehr als verwunderlich. Herr ist die Anrede für Gott. Petrus war so sehr in seiner Tradition gefangen, dass er der Aufforderung Gottes klar widersprach.

Mochte Gott verlangen, was er wollte, Petrus blieb bei dem, was er von Kindheit an gelernt hatte. Da half nicht einmal, dass Jesus zu Lebzeiten gesagt hatte.: Nicht das, was durch den Mund in den Menschen hineinkommt, macht ihn unrein, sondern was aus dem Mund des Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. Mt 15,11. Petrus hatte das sicher mit angehört Nein, das half auch nicht. Petrus blieb ein standhafter Jude, ein treuer Verfechter der Thora. Mochte Gott ihn auch dreimal auffordern, das Unreine zu schlachten und zu essen. Petrus und weigerte sich.

Das sagt sehr viel über die Macht der Tradition. Ein Mann wie Petrus, der von Jesus ausgewählte Apostel und eindeutige Führungsgestalt der Jesusbewegung, kann das, was er als Gottes Offenbarung und Willen gelernt hat, nicht loslassen. Selbst wenn Gott redet bleibt Petrus bei dem von Kindheit an gelernten. Niemals Herr! Petrus legt sich nicht nur für den Moment fest, sondern für dauernd. Niemals!

Als die Vision vorüber war, blieb ein grübelnder und sicher auch erschütterter Petrus zurück. Petrus konnte nicht zweifeln, dass das eine göttliche Offenbarung war. Doch das war die einzige Gewissheit. Denn was er mit der Offenbarung anfangen sollte, das war ihm völlig unklar.

Petrus war noch ratlos und überlegte, was die Vision, die er gehabt hatte, wohl bedeutete; inzwischen hatten sich die von Kornelius gesandten Männer zum Haus des Simon durchgefragt und standen am Tor. Sie riefen und fragten, ob Simon mit dem Beinamen Petrus hier zu Gast sei. Während Petrus noch über die Vision nachdachte, sagte der Geist zu ihm: Da sind drei Männer und suchen dich. Steh auf, geh hinunter und zieh ohne Bedenken mit ihnen; denn ich habe sie geschickt.

Es sagte der Geist zu ihm: Zuerst die Vision und jetzt noch das Reden des Geistes. Gemeint ist natürlich der Heilige Geist, der Geist, von dem Johannes im Evangelium schreibt. Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. Joh 14, 26. Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in die ganze Wahrheit führen. Denn er wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird sagen, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird. Joh 16, 13.

Zwischen dem Reden des Geistes und einer Vision ist ein großer Unterschied. Beides kommt von Gott. Eine Vision besteht aus einem bewegten Bild, das zutiefst eindrücklich auf den Menschen wirkt und aus Worten, die der Mensch hört. Eine Vision löst starke Gefühle aus. Bei Petrus dürften es angesichts der Aufforderung, unreines zu essen, Gefühle der Abwehr und des Ekels gewesen sein und zugleich eine Erschütterung durch Gottes Stimme und seine Aufforderung, zu tun was das Gesetz Gottes verbietet. Das Reden des Geistes ist aber in der Regel etwas ganz anderes. Das ist ein von außen in das Denken einbrechender Impuls, der manchmal leise, manchmal aber auch sehr befehlend sein kann. Es ist ein göttlicher Gedanke in die menschlichen Gedanken hinein und wird als ein von außen kommender Gedanke erlebt. Als der Geist zu Petrus auf dem Dach sprach, da war das sicher nicht das erste Mal. Seit Pfingsten hatte das Petrus gewiss immer wieder erlebt. Er kannte die Stimme des Heiligen Geistes. Darum war für ihn kein Zweifel möglich. Gott sprach durch den Heiligen Geist zu ihm. Und was weiter für Petrus klar war, dass war, dass er zu gehorchen hatte. Denn die Stimme des Geistes war zugleich die Stimme Jesu, seines Herrn.

Petrus stieg zu den Männern hinab und sagte: Ich bin der, den ihr sucht. Aus welchem Grund seid ihr hier? Sie antworteten: Der Hauptmann Kornelius, ein gerechter und gottesfürchtiger Mann, der beim ganzen Volk der Juden in gutem Ruf steht, hat von einem heiligen Engel die Weisung erhalten, dich in sein Haus holen zu lassen und zu hören, was du ihm zu sagen hast. V 21-22.

Bei dem Anblick der Männer und aus der Nachricht des Kornelius war für Petrus sofort klar, dass er es mit Nichtjuden zu tun hatte. Und von diesem Nichtjuden wurde er eingeladen, in sein Haus zu kommen. Das Haus eines Nichtjuden ist mit samt seinem Besitzer unrein. Das war kein Ort, wo ein Petrus unter normalen Umständen hingehen würde. Aber inzwischen war auf dem Dach etwas geschehen.

Was Gott für rein erklärt, nenne du nicht unrein!

Als Petrus die Einladung durch die Männer hörte, muss es begonnen haben, in Petrus zu dämmern. Nach dem, was ihm geschehen war, hatte Petrus keinen Grund zu zweifeln, dass dem Hauptmann Kornelius ein Engel erschienen war.

Trotzdem hatte es Petrus nicht eilig. Da ließ er sie eintreten und bewirtete sie. Das war der erste Tabubruch, den Petrus beging. Petrus lud die Nichtjuden, die Unbeschnittenen, in sein Haus ein. Das war gar nicht sein Haus. Es war das Haus des Gerbers Simon. Petrus genoss offensichtlich nicht nur das Gastrecht, sondern auch das Hausherrenrecht. Simon, der Gerber anerkannte Simon Petrus als Gesandten Gottes und hatte ihm sein Eigentum ohne Einschränkungen zur Verfügung gestellt.

Da ließ er sie eintreten und bewirtete sie. Warum hatte es Petrus nicht eilig, dem Befehl des Heiligen Geistes zu folgen? Zunächst verlangte es die orientalische Gastfreundschaft, die hungrigen Boten zu bewirten. Dann aber bedeutete der Marsch nach Cäsarea, dass Petrus Joppe nun verlassen würde. Petrus begab sich wahrscheinlich auf Abschiedsbesuche. Dabei erzählte er, was ihm geschehen war und dass er nun auf Befehl des Heiligen Geistes in ein heidnisches Haus gehen würde. Es ist möglich, dass das Petrus, der Fischer aus Kafarnaum, noch nie im Leben getan hatte. Der Auftrag verursachte ihm gewiss Bauchweh. Petrus machte die Besuche nicht nur als Abschiedsbesuche. Er suchte auch Begleiter, eine Verstärkung für sein Vorhaben. Wie wir später erfahren, fand er sie. Sechs Männer aus Joppe begleiteten Petrus nach Cäsarea.

Tags darauf machte sich Petrus mit ihnen auf den Weg und einige Brüder aus Joppe begleiteten ihn. Am folgenden Tag kamen sie nach Cäsarea. Es war der vierte Tag nach der Engelserscheinung, als Petrus in Cäsarea eintraf. Petrus hatte also, wie auch die Boten schon zuvor, irgendwo, wo erfahren wir nicht, übernachtet. Er dürfte am späteren Vormittag in Cäsarea angekommen sein. Petrus hatte einen stundenlangen Fußmarsch hinter sich, als er ankam. Dennoch blieb ihm keine Zeit um auszuruhen.

Im Haus des Kornelius hatte sich einiges getan. Der Hauptmann war nicht untätig geblieben. Kornelius erwartete sie schon und hatte seine Verwandten und seine nächsten Freunde zusammengerufen.

Als nun Petrus ankam, ging ihm Kornelius entgegen und warf sich ehrfürchtig vor ihm nieder. Man muss sich die Szene vorstellen. Ein römischer Zenturio wirft sich vor einem Juden aus Galiläa, einem Fischer, der aus dem Haus eines Gerbers kommt, nieder. Die Botschaft des Engels hat bei Kornelius erreicht, dass die Welt Kopf steht. Nach den Gesetzen der Welt hätte Petrus allen Grund gehabt, sich devot gegenüber dem Zenturio zu verhalten und der Hauptmann hätte Petrus spüren lassen müssen, wer das Sagen hat in diesem Land. Die dramatische Umkehrung der Rollen erklärt sich nur dadurch, dass die Erscheinung des Engels für Kornelius von tiefer Wirkung war und Ehrfurcht bei Kornelius auslöste. Diese Erfahrung überträgt Kornelius nun auf Petrus. Wenn Gottes Bote, der Engel, so ehrfurchtsgebietende ist, dann muss es auch sein irdischer Bote Ehrfurcht verdienen Also fällt Kornelius vor Petrus nieder. Dieses Niederfallen ist kein Ausdruck von Anbetung, sondern eine in der römischen Welt übliche Geste der Anerkennung.

Petrus aber richtete ihn auf und sagte: Steh auf! Auch ich bin nur ein Mensch. Während er sich mit ihm unterhielt, ging er hinein und fand dort viele Menschen versammelt. Petrus stellt das richtige Verhältnis zu Kornelius wieder her, wie es vor Gott gilt, ein Verhältnis auf Augenhöhe. Doch dann ist es an Petrus zu staunen. Die römischen Häuser hatten ein Atrium, einen Innenhof. Bei dem Haus des Hauptmanns ist davon auszugehen, dass dieser Innenhof geräumig war. Wenn es heißt, Petrus fand dort viele Menschen versammelt, dann haben wir uns einen großen Innenhof voller Menschen vorzustellen.

Petrus war ein Mensch, der gerade heraus zu sagen pflegte, was er dachte. Das ist einige Mal in den Evangelien nach zu lesen. Diese seine Art, zusammen mit der Überraschung in einem heidnischen Haus eine so große Zahl von Menschen vor sich zu sehen, die das Evangelium hören wollen, verleitet Petrus dazu, umwerfend direkt zu beginnen.

Da sagte er zu ihnen: Ihr wisst, dass es einem Juden nicht erlaubt ist, mit einem Nichtjuden zu verkehren oder sein Haus zu betreten; mir aber hat Gott gezeigt, dass man keinen Menschen unheilig oder unrein nennen darf. Darum bin ich auch ohne Widerspruch gekommen, als nach mir geschickt wurde. Nun frage ich: Warum habt ihr mich holen lassen? Den angesehenen römischen Bürgern in Cäsarea das jüdische Reinheitsgebot gewissermaßen an den Kopf zuwerfen, das war nun nicht gerade eine diplomatische Eröffnung. Es zeigt, dass in Petrus noch immer der Konflikt tobte. Da war Gottes Reden und in Petrus noch immer ein Ja Aber. Ihr wisst, dass es einem Juden nicht erlaubt ist, mit einem Nichtjuden zu verkehren. Das war das, was Petrus von Kindesbeinen an gelernt hatte. Das war seine von der Religion seiner Väter geprägte Welt. Es war nicht leicht für Petrus, über eine Jahrhunderte alte Tradition hinweg zu gehen. Ihr wisst... beginnt Petrus deswegen. Petrus sagt zu den Zuhörern und auch zu sich selbst, eigentlich dürfte ich hier ja gar nicht stehen. Das ist die Einleitung. Dann kommt das, was Petrus gerade dabei ist, zu lernen. ...mir aber hat Gott gezeigt, dass man keinen Menschen unheilig oder unrein nennen darf. Darum bin ich auch ohne Widerspruch gekommen, als nach mir geschickt wurde. Auch das muss Petrus noch los werden, nämlich, dass er entgegen seiner Tradition und entgegen seinem bisherigen Wissen Gott gehorcht.

Nun kommt die entscheidende Frage des Petrus: Warum habt ihr mich holen lassen?

Das war eine gute Frage. Der Geist hatte ja nur zu Petrus gesagt: zieh ohne Bedenken mit ihnen ( = mit den Boten des Kornelius); denn ich habe sie geschickt. Die Auskunftsfreudigkeit Gottes war nicht besonders groß. Petrus ging und wusste nicht wozu und warum, außer dass es da eine Engelserscheinung gegeben hatte und er kommen sollte. Man würde erwarten, dass Gott genauer informiert. Doch das ist grundsätzlich nicht Gottes Art. Wenn er einen Befehl gibt, ist er nicht bereit, ihn zu begründen und nur sehr selten geht er in seinen Mitteilungen weiter, als eben nur diesen Befehl zu geben.

Kornelius antwortet auf die Frage des Petrus mit einem Bericht der Ereignisse, die ihn bewogen haben, nach Petrus zu schicken. Da sagte Kornelius: Vor vier Tagen um diese Zeit war ich zum Gebet der neunten Stunde in meinem Haus; da stand plötzlich ein Mann in einem leuchtenden Gewand vor mir und sagte: Kornelius, dein Gebet wurde erhört und deine Almosen wurden vor Gott in Erinnerung gebracht. Schick jemand nach Joppe und lass Simon, der den Beinamen Petrus hat, holen; er ist Gast im Haus des Gerbers Simon am Meer. Sofort habe ich nach dir geschickt und es ist gut, dass du gekommen bist. Jetzt sind wir alle hier vor Gott zugegen, um all das anzuhören, was dir vom Herrn aufgetragen worden ist. Der Auftrag des Engels hatte nur gelautet, nach Petrus zu schicken und der Auftrag an Petrus hatte nur gelautet, mit den Boten mit zu gehen. Kornelius aber hatte einen Schluss gezogen. Sein Schluss lautete, wenn der Engel will, dass ich diesen Simon Petrus holen lasse, dann hat er mir im Namen Gottes etwas zu sagen. Kornelius ging noch weiter, wenn schon ein Engel kommt und mich auf diesen Petrus verweist, dann hat dieser Petrus nicht nur mir etwas zusagen. Die Botschaft dieses Petrus muss sehr wichtig sein. Das muss grundlegend sein und eine Nachricht sein, dass ich sie auf keine andere Art erfahren werde. Aber Gott will, dass ich sie höre. Er will es so sehr, dass er eigens einen Engel gesandt hat. Diese Botschaft soll nicht nur ich hören, dachte Kornelius. Das sollen auch alle meine Verwandten und Freunde hören! Davon hatte Kornelius offensichtlich nicht wenige. Und so war das Haus gerammelt voll. Kornelius begnügt sich nun nicht damit, Petrus einfach zum Reden auf zu fordern. Nein. Noch ehe Petrus den vor und um ihn herum stehenden sagen kann, dass der Gott Israels auch ihr Gott sein will, da kommt ihm schon Kornelius zuvor. Jetzt sind wir alle hier vor Gott zugegen, um all das anzuhören, was dir vom Herrn aufgetragen worden ist. Er, der angesehene Zenturio aus einer römischen Patricierfamilie, bekennt für sich und alle Eingeladenen, das sie vor Gott und zwar dem Gott der Juden zugegen sind und dass sie die Botschaft hören wollen, die vom Gott der Juden berichtet.

Was Kornelius sagt, klingt im Deutschen harmlos, nämlich nur nach einer Aufforderung, Petrus solle sagen, was er im Auftrag Gottes zu sagen habe. Im griechischen Urtext klingt das ganz anders. Wir sind alle hier vor Gott zugegenwas dir vom Herrn aufgetragen… Das griechische Wort für Herr lautet Kyrios.

Das Wort Kyrios war im Griechischen so vieldeutig, wie das Wort Herr im Deutschen vieldeutig ist. Im Griechischen konnte man den Ehemann, den Besitzer aber auch die Götter so bezeichnen. Weil der Kaiser in den Kreis der Götter aufgenommen worden war, war auch der Kaiser Kyrios. Er war damit der Kyrios des römischen Hauptmanns Kornelius.

Kornelius aber nennt den Gott der Juden Kyrios. Er weiß, dass es nach jüdischem Glauben neben Gott keine Götter gibt. Darum gilt, wenn er den Gott der Juden den Kyrios nennt, dann ist für ihn der Kaiser in Rom kein Kyrios mehr. Hier schon im Haus des Kornelius tut sich der Konflikt auf, die zur Verfolgung der Christen durch die Machthaber des römischen Reichs führen wird. Wenn der Gott der Juden der Kyrios ist, dann wird der ganze griechisch-römische Götterhimmel entleert und der Cäsar in Rom ist nur ein gewöhnlicher Mensch.